Alt und abgeschoben?

Teilen:   facebook   facebook

Altersrationierung medizinischer Leistungen durch die Krankenkassen in Rheinland-Pfalz

Alt und abgeschoben

Rationierung im Gesundheitswesen ist entgegen der Beteuerungen der Bundesregierung längst Realität in unserem Land, vor allem bei älteren Menschen. Seit Herbst letzten Jahres ist vor allem in Rheinland-Pfalz, aber auch in einigen anderen Bundesländern zu beobachten, dass in großem Umfang medizinisch notwendige neurologische und geriatrische Rehabilitationsleistungen für ältere Menschen abgelehnt werden. Gerade angesichts der demografischen Herausforderung wird nicht nachhaltig daran gearbeitet, die Zahl der Pflegebedürftigen klein zu halten (Reha vor Pflege, SGB XI, §31), sondern notwendige Rehamaßnahmen für ältere Menschen werden von den Krankenkassen verweigert oder in billige, für alte Menschen nicht qualifizierte, heimatferne Einrichtungen umgelenkt, auch wenn im Informationsblatt der Bundesregierung formuliert ist, dass „die Genehmigung sinnvoller Reha-Maßnahmen nicht länger im Ermessen der Krankenkasse liegt“ und die Rehabilitation gerade auch älterer Menschen im GKV-WSG als Pflichtleistung der Kasse verankert wurde, die gar nicht abgelehnt werden darf!

Alte Menschen sollen direkt nach einem Schlaganfall ins Pflegeheim abgeschoben werden, ohne Chance auf eine Rehabilitation, was allen medizinischen wie sozialrechtlichen Standards widerspricht. Die Zeitdauer bis zur Bearbeitung vorliegender Reha-Anträge ist oft unverhältnismäßig lang, obwohl laut Gesetzgeber nur noch stichprobenartig geprüft werden darf. Die bürokratischen Hürden und die von den Kassen nachgeforderten Zusatzinformationen ufern aus und zermürben die Antragsteller. Den Angehörigen wird kassenseitig meist mitgeteilt, dass ein Widerspruch zwar möglich sei, aber mehrere Wochen Bearbeitungszeit erfordere und letztlich sinnlos sei. Bei Einschaltung eines Anwaltes liegt die Kostenzusage innerhalb weniger Tage vor. Aber die alten Menschen haben nur selten den Mut, sich einen Anwalt zu nehmen und ihre Ansprüche einzuklagen, die Rechnung der Kassen geht auf!

Trotz Stärkung des Rehabilitationsanspruches für ältere Menschen durch die Gesundheitsreform im April 2007 (GKV-WSG) bleiben Sie zunehmend auf der Strecke ohne Chance der Wiedereingliederung in den Alltag, das gesetzlich verankerte Recht auf eine Ermöglichung der Teilhabe am Leben der Gesellschaft bleibt Makulatur. Die Kluft zwischen gesetzlichem Anspruch einerseits und gelebter Realität auf der anderen Seite wird immer größer.

Staatssekretär Dr. Klaus Theo Schröder vom Bundesministerium für Gesundheit teilte schon im Januar dieses Jahres mit, „dass die Krankenkassen bei geriatrischen Patienten eine besondere Verantwortung trifft“ und dass bei Verstößen gegen die gesetzlichen Grundlagen die Aufsichtsbehörden eingeschaltet werden sollten.

In einem weiteren Brief vom 21. Juli 2008 machte Staatssekretär Dr. Schröder nochmals deutlich, dass „ ein klarer Leistungsanspruch der Versicherten an die Stelle der bisherigen Ermessensleistung getreten ist“. Ferner wies er darauf hin, dass in der „Richtlinie MDK-Stichprobenprüfung“ vom 2. Juli 2008 vorgesehen ist, „dass die Krankenkassen nur noch jeden vierten Antrag in der Reihenfolge des Eingangs durch den MDK prüfen lassen“. Bei Verstößen gegen diese Rechtsgrundlagen soll das zuständige Landesministerium in Mainz (MASFG) informiert werden, um eine Prüfung durch die Aufsichtsbehörde zu veranlassen.

Das Recht auf eine angemessene Behandlung und Rehabilitation älterer Menschen ist ein justiziabler Leistungsanspruch ist, der vor jedem Sozialgericht eingeklagt werden kann, um jedem betagten Mitbürger ein selbstbestimmtes Leben im Alter und die zugesicherte Teilhabe sowie die Vermeidung oder Verminderung von Pflegebedürftigkeit zu ermöglichen. Jeder sollte über die derzeitige Fehlentwicklung in Rheinland-Pfalz und einigen anderen Bundesländern (Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, ect.)informiert sein und sich dieser Kassenpolitik wo immer möglich entgegen stellen, damit die aktuelle Sozialgesetzgebung auch Umsetzung findet und alte Menschen nicht zu den Verlieren der Gesundheitsreform gehören und Opfer einer rüden Rationierungspolitik werden. Letztlich mißt sich die Humanität einer Gesellschaft, die unter Kostendruck geraten ist, gerade daran, wie sie mit denen umgeht, die alt, behindert, chronisch krank und pflegebedürftig sind!

Dr. Heinz L. Unger
Facharzt für Neurologie – Geriatrie
Chefarzt des Geriatrischen Zentrums im Kreis Ahrweiler
Brohltalklinik
56659 Burgbrohl
Tel. 02636-533650
E-Mail an Dr. Heinz L. Unger
www.brohltalklinik.de
www.geriatrie-ahrweiler.de

Das Geriatrisches Zentrum am Marienhausklinikum im Kreis Ahrweiler besteht aus 45 Akutbetten, 70 Rehabetten, 15 Tagesklinikplätzen und einer Gedächtnisambulanz an zwei Standorten.
Das Marienhausklinikum im Kreis Ahrweiler mit den drei Betriebsstätten, Krankenhaus Maria Hilf in Bad Neuenahr-Ahrweiler, Krankenhaus St. Josef in Adenau und Brohltalklinik St. Josef als Fachklinik für Geriatrische Rehabilitation in Burgbrohl ist eine Einrichtung der Marienhaus GmbH in Waldbreitbach. Der Versorgungsauftrag der Akutkrankenhäuser erstreckt sich auf die Grund- und Regelversorgung und umfasst 452 Planbetten.
Rund 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten im Marienhaus Klinikum
Hand in Hand, damit im Zusammenwirken von moderner Medizin, fundiertem Wissen und menschlicher Zuwendung Krankheit Heilung erfährt.

Die Marienhaus GmbH ist einer der großen christlichen Träger sozialer Einrichtungen in Deutschland. Der ganzheitliche Dienst am Menschen ist uns Aufgabe und Verpflichtung.

Eingestellt von Detlef Klemme - BLiCKpunkt Redaktionsbüro

 
Quelle: openPR / Geriatrisches Zentrum im Kreis Ahrweiler
 

Tags: , , , ,

Einen Kommentar schreiben

CAPTCHA image