Haltestellen-Attrappe für Demenzkranke

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Hamburg, München, Remscheid, Wuppertal und jetzt auch die Rhein-Metropole Köln – immer häufiger werden in Seniorenzentren Attrappen von Bushaltestellen für Menschen eingesetzt, die an Demenz erkrankt sind. Busse oder andere Verkehrsmittel fahren die Haltestelle freilich nicht an. Was für gesunde Menschen wie ein Scherz klingt, das ist für die Demenz-Kranken eine Art von Schutz. Eine Bank, ein Haltestellenschild, eine Überdachung – die Attrappe ist von einer echten Bushaltestelle im Prinzip nicht zu unterscheiden. Sogar einen (fiktiven) Fahrplan gibt es. Nur eben keinen Bus, der diese Haltestelle bedient.

Der Hintergrund: Menschen, die an Alzheimer leiden, haben unter teilweise sehr starken Defiziten des Kurzzeitgedächtnisses zu leiden. In der Folge verlagert sich der Lebensmittelpunkt mit zunehmender Schwere der Krankheit in die Vergangenheit. Die Betroffenen wünschen sich längst vergangene Zeiten zurück und würden am liebsten in ihre alte Umgebung reisen oder längst verstorbene Bekannte besuchen. An diesem Punkt leistet die Haltestellen-Attrappe wertvolle Dienste – so paradox es klingen mag. Die Patienten begeben sich im Glauben nach Hause fahren zu können an die Scheinhaltestelle und warten auf den Bus. Nicht selten reichen wenige Minuten des Wartens aus, um die Sehnsucht an die Heimat verblassen zu lassen. Mancher Bewohner dieser Seniorenheime hat sogar nach wenigen Minuten vergessen, warum er eigentlich an der Haltestelle sitzt. Andere wiederum machen sich im festen Glauben auf den Weg zurück ins Wohnheim, einen Tag in alter Umgebung verbracht zu haben.

Mitarbeiter des Landhauses Laspert in Remscheid hatten die Idee zu der Haltestellen-Attrappe. Im Jahr 2006 installierten sie den ersten Phantom-Stopp und konnten rasch feststellen, dass von der Haltestelle eine beruhigende Wirkung auf die an Alzheimer leidenden Patienten ausging. In der Zwischenzeit hat die innovative Haltestellen-Attrappe reichlich Nachahmer gefunden. Für die nicht unerheblichen Kosten der Kölner Station konnten Sponsoren gefunden werden. Für die Kosten in Höhe von knapp 7.500 Euro zeichneten die Kölner Verkehrs Betriebe (KVB) und JCDecaux, Europas größtes Unternehmen für Stadtmöblierung und Außenwerbung, verantwortlich.

Elena Ragonese-Ponath

Elena Ragonese-Ponath | textpoint Redaktionsbüro

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