Mit einer schier unglaublich klingenden Idee will die Schweiz den Pflegenotstand und die galoppierenden Kosten bei der Betreuung älterer Menschen bekämpfen. Ganz neu ist das Vorhaben nicht. In Japan gibt es ein ähnliches Modell, das ausgezeichnet funktioniert. Die Idee, die schon in Kürze in St. Gallen getestet werden soll, klingt ganz einfach: Rüstige Rentner helfen tatkräftig bei der Betreuung pflegebedürftiger Menschen. Für ihre Arbeit erhalten sie jedoch keine Entlohnung, sondern Zeitgutschriften im Wert der geleisteten Pflegestunden. Diese können die Helfer zu einem späteren Zeitpunkt selber einlösen und so ihre eigene Betreuung zu einem zukünftigen Zeitpunkt „erkaufen“.

Was unkonventionell klingt, das entbehrt nicht einem gewissen Charme, denn: Die Helfer investieren als „Währung“ für ihre eigene Pflege lediglich Zeit. In Form eines Tauschhandels löst die solidarische Gemeinschaft die Zeitgutschriften zu einem späteren Zeitpunkt wieder ein. Eine neue Generation rüstiger Rentner springt dann in die pflegende Bresche. Eine sichere Sache, wie die Initiatoren in der Schweiz meinen. Teuerung, Inflation oder Währungsspekulationen können dem finanzlosen System nichts anhaben.

Das Schweizer Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) reagierte zwar weniger euphorisch auf die revolutionäre Idee, die Pflege älterer Menschen in der Schweiz zumindest teilweise mit einem neuen Fundament zu untermauern. Doch der Ansatz war interessant genug, um das Vorhaben zu prüfen. In einem Pilotversuch soll das System vom kommenden Jahr an getestet werden. Neben einer deutlichen Reduzierung der Kosten soll das Pilotprojekt weitere Ziele erreichen: So sind die Verantwortlichen optimistisch, insgesamt mehr Helfer für Pflegeleistungen gewinnen zu können als derzeit. Gleichzeitig soll das derzeit tätige Pflegepersonal entlastet werden und höher qualifizierten Aufgaben nachgehen.

Jürgen Ponath | textpoint Redaktionsbüro

Tags: Pflege, Senioren, Zeitgutschrift

Der Beitrag wurde am Mittwoch, den 15. Juli 2009 um 12:00 Uhr veröffentlicht und wurde unter Gesundheit, Pflege, Vermischtes, Wohnen und Leben abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.