Oma versilbert ihr klein Häuschen

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Schon bald könnten lukrative Erbschaften der Vergangenheit angehören – das könnte zumindest dann gelten, wenn es nach den Vorstellungen der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB SH) geht. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, bieten immer mehr Förderbanken in der Bundesrepublik Modelle an, die es Senioren ermöglichen, das eigene Haus zu Lebzeiten zu verkaufen und so in den Genuss einer Rentenaufbesserung zu kommen.

Als eine der ersten Banken will die IB SH noch in diesem Jahr sogenannte Umkehrdarlehen auf den Markt bringen. Dieses Finanzprodukt ermöglicht es Senioren das eigene, schuldenfreie Haus zu beleihen. Im Gegenzug erhalten die Rentner dann Geld von der Bank, um die Lebenshaltung sicherzustellen. Wahlweise soll dies entweder per Einmalzahlung geschehen oder in Form einer monatlichen Rentenzahlung. Die Zielgruppe ist eindeutig ausgemacht: Interessant sei das Finanzprodukt für Menschen, die zwar im Besitz einer schuldenfreien Immobilie sind aber über nur über ein geringes monatliches Budget verfügen, so die Bank.

Die Rahmenbedingungen klingen auf den ersten Blick verlockend: Zins oder Tilgung fallen während der gesamten Darlehensdauer nicht an. Der Kredit wird erst fällig, wenn der Kreditnehmer stirbt. Dann ist es die Sache der Erben wie es weitergeht: Entweder sie zahlen den Kredit der Verstorbenen samt Zinsen zurück, oder die Bank verkauft das Haus und begleicht die Schulden. Intention der Aktivitäten seitens der Finanzinstitute sind die ungeheuren Gelder, die in Deutschland jährlich vererbt werden. Experten beziffern diese Summe auf zirka 200 Milliarden Euro im Jahr. Zum Vergleich: Noch im Juli 2008 ging die Bundesregierung davon aus, dass der Haushalt der Bundesrepublik Deutschland Ausgaben in Höhe von 290 Milliarden Euro vorsieht.

Dass ein Umkehrdarlehen nicht unbedingt erste Wahl für ein unbeschwertes Seniorenleben sein dürfte, das wird deutlich, wenn man sich das Kleingedruckte näher anschaut. Häufig zahlen die Darlehensgeber ein Drittel des Immobilienwerts aus. Oft müssen sich die Hausbesitzer aber nur mit einem Viertel des eigentlichen Werts begnügen. Nach Auffassung der Kreditinstitute sind erhebliche Risiken einzukalkulieren – die Lebenserwartung des Kreditnehmers und die Entwicklung der Immobilienpreise. Der Restwert ist allerdings nicht gänzlich verloren. Denn: Wird das Haus nach dem Tod des Darlehensnehmers verkauft, dann bekommen die Erben den Restbetrag abzüglich der angefallenen Zinsen ausgezahlt.

Die IB SH unterstützt das Land Schleswig-Holstein als Förderinstitut bei der Umsetzung wirtschafts- und strukturpolitischer Aufgaben. Sie berät in Förderfragen und vergibt Förderungen für die Wirtschaft, den Wohnungsbau, Kommunen, Arbeitsmarkt- und Ausbildungsmaßnahmen, Umwelt- und Energieprojekte, den Städtebau sowie den Agrarbereich. Unterstützt werden öffentliche und private Investitionsvorhaben in Schleswig-Holstein.

Jürgen Ponath

Jürgen Ponath | textpoint Redaktionsbüro

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3 Reaktionen zu “Oma versilbert ihr klein Häuschen”

  1. rk - älter werden - aktiv im Leben

    Hier soll wohl eher eine Umverteilung von Wohlerspartem (und Versteuertem) in die Kassen der Banken realisiert werden. Die ja auch weit besseres mit dem Gewinn vorhaben…… Was das ist, wissen wir ja inzwischen! Wäre es nicht lukrativ für diese Bank, würden sie es wohl auch nicht vermarkten.

    Mir wird manchmal schlecht, wenn ich an die vielen Geschäftemacher denke, die ja nur das Beste der Senioren wollen. Die einzige Kundenklientel, die derzeit wirklich noch über Spar-Geld und gesicherte Einkommen (= Renten) verfügt. Jahrzehnte haben sie Senioren links liegen gelassen.

    Mit einkalkuliert wird natürlich auch, daß die Erben durch Rezession und Arbeitslosigkeit um ihr Geld gebracht, die Kredite der Eltern nicht mehr zurückzahlen können. Dann hat die Bank für ein Schnäppchen eine Immobilie in ihrem Besitz.

    Aber haben sie wirklich alle Varianten gut gerechnet? Was ist, wenn die Wirtschaftskrise länger dauert und die Zahl derer die ein Häuschen kaufen können kleiner wird? Dann haben sie eine Menge unverkäuflicher Immobilien auf Halde.

  2. Jürgen Ponath

    Sie fragen, ob die Banken alle Varianten gut gerechnet haben? Ich denke, dass man da ganz sicher sein kann. Bedenkt man, dass lediglich ein Drittel des eigentlichen Immobilienwerts für das Darlehen angesetzt wird, dann muss die Wirtschaft auf ganzer Breite kollabieren damit das Umkehrdarlehen für die Banken zu einem Totalverlust wird. Und selbst dann, haben Immobilien eine besondere Bedeutung. Insofern erscheinen Umkehrdarlehen als clevere Idee zur Profitmaximierung. Ob sie im Interesse der Menschen liegt? Diese Frage wiegt nicht sehr schwer in unseren Zeiten.

  3. David

    Es ist doch neuerdings Mode, Immobilien möglichst preisgünstig und zur Not auch nicht hundertprozentig sauber zu ergattern, um sie später für ein Vielfaches wieder zu veräußern.

    Eine ähnliche Situation bietet dabei der Aufkauf von Immobilienkrediten, der ja bekanntlich floriert. Dort wird versucht, die Immobilie zwangsweise zu versteigern, um sie später zum Spottpreis zurückzukaufen.

    Ich bezweifle sehr, dass diese Lösung mit den Seniorenkrediten im Interesse der Menschen liegt.

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